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Thread Autor: Steffen
Thread ID: 42
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Konrektor WaIther Kuhlmey ein unvergessener Heimatforscher
Steffen
Von Margarete Arpe,
Berlin-Lichterfelde-Ost

www.kuhlmei.de/site/forum/attachments/kuhlmey.jpg
Quelle: http://belzig.eu/...

Vor einigen Wochen trat man an mich mit der Bitte heran, einen kleinen Abriß über das Leben meines Vaters zu geben, dessen Todestag sich im September zum 6. Male jährt. Ich bin der Anfrage gern nachgekommen. Es ist mir eine große Freude, damit meinem Vater ein Denkmal setzen zu können, denn es gab wohl kaum ein schöneres Verhältnis zwischen Vater und Tochter als zwischen ihm und mir. Von meiner frühesten Jugend an durfte ich an all seinen Arbeiten und Forschungen teilnehmen, sei es auf heimatkundlichem Gebiet in Geschichte und Natur, sei es in der Musik.

Doch zuerst möchte ich einen kurzen Lebenslauf von ihm geben. Walther Friedrich Hermann Kuhlmey wurde am 29. Juni 1871 in Schwedt an der Oder als erstes Kind des Lehrers Hermann Kuhlmey geboren. Er war das Ebenbild seines Vaters, braunäugig mit dunklem Haar. Seine kleine

3 Jahre jüngere Schwester glich der Mutter, sie war hellblond und hatte blaue Augen. Als sie erst 8 bzw. 5 Jahre zählten, starb der Vater am Durchbruch eines Magengeschwürs; die zarte Mutter folgte ihm nach einem halben Jahr. Das kleine Mädchen nahm ein kinderloses Ehepaar aus der Verwandtschaft zu sich, doch mein Vater mußte ins Lehrer-Waisenhaus in Eberswalde.

Er war dort gut versorgt, so erzählte er mir immer; aber Elternhaus und Mutteliebe sind nicht zu ersetzen. Irgendwo wirkte sich das aus. Er konnte selten so ganz aus sich herausgehen. Ich weiß nur noch, daß ich als Kind überglücklich war, wenn er „mein Mädel“ zu mir sagte.

Nach dem Waisenhaus ging es in die Präparandenanstalt und dann auf das Lehrerseminar in Kyritz. Da kamen oft bittere Hungertage für ihn. Es gab niemand, der einmal ein Paket schickte, auf das die Seminaristen ja angewiesen waren, und oft hat er seinen Magen mit einigen Gläsern kalten Wassers gefüllt, damit dessen Knurren ihn nicht bei der Arbeit störte.

Schon auf dem Seminar setzten sich seine Begabung und seine Liebe zur Musik so stark durch, daß er als Jüngster die Leitung des Chores bekam und zu Festlichkeiten die Orgel spielen durfte. Dieses Wissen habe ich von einem seiner Seminargenossen. der mich jetzt, nach dem Tode meines Vaters, besuchte und sich mit seinen 83 Jahren an unser Klavier setzte mit den Worten: „Meinem lieben Walther zum Gedächtnis“ und meines Vaters Lieblingschoral spielte: „Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich ihm nicht dankbar sein ... „

Die erste Lehrerstelle brachte meinen Vater 1891 nach Niemegk. Dieses kleine Städtchen wurde ihm so richtig zur Heimat, fand er doch hier seine Lebensgefährtin. In vielen seiner kleinen musikalischen Kompositionen hat er ihrer gedacht, denn oft rankten sie sich um, das Thema „h-e-d-e“, Hede-Hedwig, Wenn wir auf Reisen waren, versäumten wir nie, die großen Kirchen zu den Gottesdiensten zu besuchen. Meine Mutter und ich saßen im Kirchenschiff; mein Vater aber war auf dem Orgelchor, stellte sich dem Organisten vor und durfte mit dessen Erlaubnis irgendein Zwischenspiel spielen. Dann faßte meine Mutter meine Hand; denn es klang hindurch „h-e-d-e“. Das erlebte ich in Leipzig und in Dresden.

In unserem Heimatstädtchen ließ die Liebe zur Natur ihn die ganze Gegend durchstreifen, Uralte Akten holte er sich aus dem Rathaus, saß stundenlang, um sie entziffern zu können und lernte dadurch die Geschichte der Umgebung kennen. Er stand mit Geschichtsprofessoren und Geologen in Verbindung, um sie mit allem vertraut zu machen und ihnen unter anderem die großen Findlinge der Eiszeit zu zeigen. Einer der Steine in der Brandtsheide bei Medewitz ist nach ihm „Kuhlmeystein“ benannt.

Ein besonderes Erlebnis war es, als beim Umpflügen des Weinberges seines Schwiegervaters Friedrich Mehlhase ein Urnenfeld zutage kam. Behutsam wurden die Tonkrüge, z. T. mit Knochen gefüllt, an das Tageslicht geholt, 3000 Jahre alte Urnen und Tränenkrüglein. Mein Vater berichtete dem Märkischen Museum in Berlin von dem wertvollen Fund. Dorthin kamen dann die Urnen, und ich war als Kind sehr stolz, wenn ich bei einem Besuch dort lesen konnte, von wem sie gestiftet waren und wer sie dem Märkischen Museum zugänglich gemacht hatte.

Im Jahre 1907 holte Superintendent Meyer meinen Vater als Kantor für die Marienkirche nach Belzig. Er hatte meines Vaters Kinderchöre bei Schulvisitationen gehört und versprach sich viel von der musikalischen Belebung seiner Stadt.

Im alten Reißiger-Haus lebten wir sehr glücklich. Es gab Arbeit in Hülle und Fülle; denn die in Niemegk begonnenen Forschungen wurden nun auf den ganzen Kreis Zauch-Belzig ausgedehnt. Als Anhalt und Fundgrube dienten immer wieder alte Akten aus dem Rathaus und alte Schriften, die auf unserem eigenen Hausboden so lange unentdeckt unter der Dachtraufe lagen. Außerdem stand mein Vater mit einer Reichsstelle in Verbindung, von der er sich mittelalterliche Akten und Urkunden entlieh. An Hand dieser Forschungen formte sich das Bild der Vergangenheit unserer Heimat.

Wissenschaftliche Gesellschaften kamen, um es sich von ihm erschließen zu lassen, und mancher interessierte Belziger nahm an diesen Führungen teil.

Viel Zeit und Mühe verwandte mein Vater, um die im Dreißigjährigen Kriege zerstörten, im Volksmund noch weiterlebenden Ortschaften ausfindig zu machen, wie da sind: Dangelsdorf. Schleesen und Elsholz. Dabei mußte er feststellen, daß nur noch Reste von Kirchenruinen übriggeblieben waren.

Zu all dieser Arbeit kam noch das Amt für Natur- und Denkmalspflege. Es gelang ihm, manch Wertvolles unter Denkmalschutz zu stellen. Das Belziger Kreisblatt, die Heimatblätter des Lehrervereins des Kreises Zauch- Belzig und der Kreiskalender brachten darüber viele Aufsätze und

Artikel. Meines Vaters Liebe zur Musik kam dadurch nicht ins Hintertreffen. Wie oft pendelte er notenschreibend, instrumentierend und komponierend zwischen Klavier und Schreibtisch.

Infolge des Lehrermangels im Kriege und in den Nachkriegsjahren hat mein Vater bis ins hohe Alter die Jugend unterrichten dürfen. Drei Generationen haben vor ihm auf der Schulbank gesessen. Eine Freude brachten ihm auch seine Vorträge in der Volkshochschule und in der heimatkund- lichen Arbeitsgemeinschaft des Kreises Zauch-Belzig. Am 6. September 1950 schloß mein Vater nach einem erfüllten Leben seine Augen und fand seine letzte Ruhe an der Seite seiner schon 10 Jahre früher heimgegangenen Lebensgefährtin auf dem Gertrauden-Friedhof unter einer großen Kastanie.

Seine wichtigsten Arbeiten sind:

1. Nägler/ Kuhlmey: „Durch den Hohen Fläming“
2. „Das Gefecht bei Hagelberg“, Heimatblätter für den Kreis Zauch-Belzig, Nr. 1
3. „Ein Jahrmarkt im alten Belzig“, Der Heimatfreund, Februar 1956
4. „Zur Besiedlungsgeschichte unseres Kreises und seiner Grenzgebiete im 12. Jahrhundert", Heimatblätter für den Kreis Zauch-Belzig, Nr. 4
5. „Drei verfallene Kirchen an der Südwestgrenze des Kreises“, Heimatblätter für den Kreis Zauch-Belzig, Nr. 5
6. „Durch einige Straßen im alten Belzig“, Heimatblätter für den Kreis Zauch-Belzig, Nr. 6

Quelle: Der Heimatfreund September 1956



Digiales Archiv:
Die Schützengilde zu Niemegk. Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens 1910
Ein Belziger Erbvertrag aus dem Jahre 1708 volkskundlich ausgewertet
Luther in Belzig
Durch einige Straßen im alten Belzig
Michendorf
Die Bricciuskirche in Belzig
Aus der Geschichte des Handwerks unserer Gegend
Ein Streit ums Braurecht in Belzig (1601 - 1603)
Karl Gottlieb Reißiger
Streit um Gerichtsbarkeit und Hutungsrecht zwischen dem Amt und dem Rat der Stadt Belzig (1574 bis 1577)

Quelle:http://belzig.eu/...
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